Ausserhalb des Dorfteils Ponte, am östlichen Ende des Hügels San Pietro:

Die Kirche San Pietro (Chiesa Rossa), 1343

Der Besucher kann die Gedenktafel über der Lünette, die den Eingang der Kirche schmückt, nicht übersehen. Sie stellt ein Musterbeispiel für die grafische Kunst der damaligen Zeit dar und liefert viel Wissenswertes. Eine Inschrift auf dem Sockel informiert, dass der Bischof von Como Bonifacio, nach damaliger Sitte Doktor und Rechtsgelehrter genannt und aus Modena stammend, diesen dem Namen des Heiligen Petrus geweihten Tempel errichten liess. Man schrieb das Jahr 1343, das zweite Jahr des Pontifikats von Clemens VI. Bonifacio ist zweimal dargestellt: im oberen Teil mit Mitra und Bischofsstab beim Segnen, an den Seiten die Wappen der Familie Quadri, von der er abstammt. Im unteren Teil unterrichtet der Bischof seine Schüler in Jura. Auf dem Umschlag des Buches steht das Motto: Die Menschheit wird von zwei verschiedenen Prinzipien regiert. Bonifacio ist daher für die Gewaltentrennung. Damals, in der katholischen Kirche wurde eine langjährige Kontroverse geführt, ob die weltliche Macht von der geistlichen Macht abhänge oder nicht. Zwischen 1309 und 1377 regierten die Päpste die Kirche von Avignon aus. Bonifacio wurde 1341 zum Bischof von Como ernannt und starb 1352. Zu jener Zeit war Papst Benedikt XII. im Amt (1334 - 1342). Von ihm erhielt Bonifacio, frisch ernannt, 1341 die Absolution von der Strafe, die sein Vorgänger Papst Johannes XXII. (1316 - 1334) über die Kirchen von Mailand und Como verhängt hatte. Diese hatten sich nämlich mit Ludwig dem Bayern verbündet, welcher sich §1328 ohne Zustimmung des Papstes die Kaiserkrone angeeignet hatte. Ein weiterer Pontifex während seiner Bischofszeit war Clemens VI. (1342 - 1352), was die Inschrift auf der Gedenktafel bestätigt, deren Original sich im Innern der Kirche befindet. Die Rückseite der Tafel trägt eine karolingische Verzierung, die sich ursprünglich in Sant'Abbondio in Como befand. Es ist zu beachten, dass die Inschrift, die auf einer Platte ohne Rückendekoration eingemeisselt ist, nicht unter dem Original angebracht ist.

Der Grundriss der Kirche ist rechteckig mit einer halbrunden Apsis. Das Innere ist aufgrund der Fresken und Dekorationen, die ursprünglich alle Wände bedeckten, von künstlerischem Interesse.
Wer das Innere der Kirche betritt, dem fällt sofort das Bild auf, welches das Apsis Becken beherrscht: Christus in der Mandorla, auf einem Regenbogen sitzend, segnet die Besucher. In seiner linken Hand hält er das Buch der Verkündigung des Wortes des Vaters. Um die Mandorla herum die vier Evangelisten, erkennbar an den ihnen von den Kirchenvätern Irenäus und Hieronymus zugeschriebenen Symbolen, welche die vier Gestalten der Apokalypse (4,6 - 8) deuten: der Löwe (Markus), der Stier (Lukas), das Gesicht eines Menschen (Matthäus) und der - auf dem Bild nicht mehr sichtbare - Adler (Johannes).

An der halbrunden Wand der Apsis, von links nach rechts, die Szenen der Berufung des Petrus und seines Bruders Andreas, Petrus auf dem Lehrstuhl sitzend, mit Armen und Beinen in Form des Kopfes bzw. der Pfoten eines Tieres, den Ring in der rechten und die Schlüssel in der linken Hand, den Blick nicht auf den Herrscher mit seinem Gefolge vor ihm gerichtet, segnet Petrus die Gläubigen und die Besucher aller Zeiten. Eine Szene, die uns ganz im Sinne der Gewaltentrennung sagt: Ich, Petrus, regiere die Kirche, und du, Herrscher, denk an deine Untertanen. Ganz im Sinne des Grundsatzes der Gewaltenteilung der genannten Gedenktafel.
Petrus im Gefängnis mit verbundenen Händen und angekettet hinter den Gitterstäben. Eine grosse Eisenkugel am Boden ausserhalb der Gitterstäbe. Die Kreuzigung des Petrus.
Links unten in der Apsis knien Johannes der Täufer und die Stifterin vor der Mandorla mit Gottvater, der das Kreuz hält, an dem der nackte Sohn hängt.
In der Laibung des Triumphbogens stehen die Büsten der Apostel, eines betenden Mönchs und der Propheten mit einer Schriftrolle in der Hand.
Auf der linken Seite des Triumphbogens thront die Madonna, die mit ihrer rechten Hand auf den Gottessohn zeigt, der auf dem Schoss seiner Mutter steht und einen Vogel in der rechten Hand hält.

Auf der rechten Seite des Triumphbogens die Märtyrerheiligen: Agatha (mit der Palme des Martyriums in der rechten Hand und in der linken die Lampe der klugen Jungfrauen), Katharina von Alexandria (mit der Königskrone auf dem Haupt, in der rechten Hand das Zahnrad ihres Martyriums und in der linken Hand das Buch, das auf ihre Weisheit anspielt), Agnes, die in der rechten Hand die Palme des Martyriums und in der linken Hand die Lampe der klugen Jungfrauen hält.

Links und rechts oberhalb des Triumphbogens ist die Szene der Verkündigung des Engels Gabriel an Maria zu sehen.
Die figurative Kunst dieser Kirche zeichnet sich durch den statischen Charakter der Szenen mit stumpfen Farben und einiger Schwierigkeit aus, den Bildern eine natürliche Perspektive zu geben. Die Stoffmuster auf dem Kleid der heiligen Katharina folgen nicht der Bewegung der Falten, aber das stört das Auge nicht.