Im Dorfkern von Castel San Pietro: Die Pfarrkirche Sant'Eusebio. Kaum eine andere Kirche im Kanton Tessin besitzt neben der Pfarrkirche Sant'Eusebio in Castel San Pietro so viele erstklassige Werke, die beispielhaft für die grosse kosmopolitische "Tessiner" Kunst in der Zeit zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert. Der Baukörper wurde 1677 von Agostino Silva aus Morbio Inferiore auf mindestens zwei anderen Gebäuden errichtet, von denen das ältere möglicherweise karolingisch war. An der Innenausstattung arbeiteten in ganz Europa berühmte Künstler ihrer Zeit, wie Giovan Battista Barberini aus Laino d'Intelvi in den Jahren 1688 - 1690 für die Stuckarbeiten in der Kreuzigungskapelle, Agostino Silva selbst führte 1685 auch alle Stuckarbeiten in der Kapelle der Madonna Assunta aus, und Carlo Innocenzo Carloni aus Scaria (besser bezahlt als Tiepolo!) schmückte in den Jahren 1758 - 1760 das Presbyterium mit Fresken und Gemälden. Für die architektonische Gestaltung des Presbyteriums ist Francesco Pozzi verantwortlich; er hat diesen Teil der Kirche vollständig und auf bewundernswerte Weise ab 1756 stuckiert. Ein anderer in der Lombardei berühmter Maler, Pietro Bianchi aus Como, bekannt als „il Bustino“, arbeitete in den Jahren 1689 - 1690 an einigen der Gemälde, darunter die Fresken in den Kapellen des Gekreuzigten, Marias Himmelfahrt und ein weiteres Werk im Kirchenschiff. In jüngster Zeit wird zumindest eine der Fresken im Kirchenschiff (1690-1705 ca.) Giovan Francesco Gaggini zugeschrieben. Von grosser Bedeutung sind auch das hölzerne Kruzifix, das dem Bildhauer Fra' Giovanni da Reggio (um 1689) zugeschrieben wird, und die dem bekannten Giovan Pietro Lironi zugeschriebene Madonna, Werke der römischen und südlichen Kultur von aussergewöhnlicher Qualität. Bereits um 1645 hatten die Gemeindemitglieder eines der schönsten kleinformatigen Werke von Francesco Torriani aus Mendrisio erworben, die eindrückliche Taufe Christi, die 2006 in der dem Maler gewidmeten Ausstellung in Mendrisio gezeigt wurde. Von Domenico Pozzi aus Castel San Pietro stammen die Gemälde Die Geisselung und Die Krönung Christi (1785) und Die Samariterin am Brunnen (1776), die wie die Werke in Mailand oder Como zu seinen besten zählen, während die Gemälde Die Opferung Isaaks und Die Opferung Jephthas (um 1785) von Angelo Pozzi aus Castel San Pietro stammen, einem seltenen Maler, der die grosse Lektion von Giuseppe Petrini weiterführen konnte. Später (1722 - 1724) führten die Stuckateure Pietro Pozzi aus Castel San Pietro und Carlo Francesco Moresco aus Somazzo die Arbeiten in der Kapelle der Fegefeuer-Seelen aus. Der Schnitzer Giovan Albino Carabelli aus Obino (Castel San Pietro) schuf die Statue des Heiligen Antonius, die Kanzel um 1675 und die beiden schönen Reliquienschreine, die 2017 in der Pinacoteca Züst ausgestellt wurden. Die Türenschleuse aus Nussbaum (1679), über welcher sich eine der besten, noch immer funktionierenden Orgeln der Serassi von 1771 befindet, wird hingegen dem Schnitzer Giuseppe Carabelli zugeschrieben. Im Laufe der Zeit verursachten Witterungseinflüsse und Erschütterungen bei der Sprengung von Minen bei einer Zementfabrik, die von 1963 bis 1980 in Betrieb war, grosse Schäden an dem Gebäude, weshalb die Restaurierung nicht mehr aufgeschoben werden konnte. Die Pfarrei Castel San Pietro, Eigentümerin des Gebäudes, musste zunächst den durch Regenwasser und eindringende Feuchtigkeit verursachten Verfall stoppen, indem sie das Dach erneuerte, die Aussenwände neu verputzte und die Fundamente isolierte. Diese Arbeiten wurden im Jahr 2010 abgeschlossen. Nach sorgfältiger Prüfung der Schäden im Inneren der Kirche legte die Abteilung für Architektur und Planung des Polytechnikums Mailand am 30. August 2012 die Ergebnisse vor. Anschliessend wurde eine Pilotbaustelle eröffnet, um die Materialien und Interventionsmethoden für die festgestellten verschieden gearteten Schäden besser zu ermitteln. Im Jahre 2018 waren weitere Eingriffe notwendig bei der Türenschleuse, der Empore und dem Orgelgehäuse, dem Musikinstrument selbst und der Ölgemälde der Pozzi. Trotz Verzögerungen aufgrund von Einsprüchen, Vertragsverletzungen und Covid 19-Restriktionen, konnten die Arbeiten mit der Weihe des neuen Altars am 27. November 2022 abgeschlossen werden. |